Mittwoch, 30.April 2025
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Supervision in der Ergotherapie: Schlüssel zu mehr Qualität und starkem Teamgeist

Supervision in der Ergotherapie: Schlüssel zu mehr Qualität und starkem Teamgeist

Geschätzte Lesezeit: ca. 8 Minuten

Key Takeaways

  • Qualitätssteigerung: Supervision verbessert durch strukturierte Reflexion die therapeutische Arbeit und Behandlungsqualität in der Ergotherapie.
  • Teamstärkung: Sie fördert die Kommunikation, löst Konflikte und stärkt den Zusammenhalt im Team.
  • Prävention & Kompetenz: Supervision hilft beim Umgang mit Belastungen, beugt Burnout vor und entwickelt professionelle Kompetenzen.
  • Vielfältige Formen: Einzel-, Gruppen- und Teamsupervision sowie Intervision bieten flexible Möglichkeiten zur Reflexion.
  • Erfolgsfaktor Implementierung: Klare Ziele, passende Formate, feste Rahmenbedingungen und Verankerung im Qualitätsmanagement sind entscheidend.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung: Die täglichen Realitäten und die Notwendigkeit der Reflexion in der Ergotherapie

Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten kennen die täglichen Herausforderungen ihres Berufs nur zu gut: Sie arbeiten mit komplexen Patientenfällen, tragen hohe Verantwortung für Therapieerfolge und das Wohlbefinden ihrer Klientinnen und Klienten. Gleichzeitig sind sie oft emotionalen Belastungen ausgesetzt und müssen sich in den Dynamiken ihres Teams zurechtfinden. Die Arbeit in der Ergotherapie ist anspruchsvoll und erfordert ein hohes Maß an Fachwissen, Empathie und professioneller Distanz.

Um in diesem fordernden Umfeld dauerhaft eine hohe therapeutische Qualität zu sichern und sich kontinuierlich professionell weiterzuentwickeln, ist eine strukturierte und kontinuierliche Reflexion des eigenen Handelns unerlässlich. Es reicht nicht aus, nur Fachwissen anzuhäufen; die Fähigkeit, das eigene Tun kritisch zu hinterfragen, Behandlungsprozesse zu analysieren und die Zusammenarbeit im Team zu optimieren, ist entscheidend für nachhaltigen Erfolg und Arbeitszufriedenheit.

Genau hier setzt Supervision an. Sie ist ein zentrales und äußerst wirksames Instrument in der Ergotherapie, um diese notwendige Reflexion gezielt zu fördern. Supervision hilft nicht nur dabei, die individuelle therapeutische Arbeit zu verbessern, sondern stärkt auch die Zusammenarbeit im Team und treibt die professionelle Entwicklung aller Beteiligten voran. Dieser Beitrag beleuchtet detailliert, warum Supervision für die Qualitätssicherung und Teamentwicklung in der Ergotherapie so wertvoll ist und wie sie erfolgreich implementiert werden kann.

Was ist Supervision genau? Eine Definition für die Ergotherapie

Supervision ist weit mehr als nur ein kollegiales Gespräch oder eine spontane Fallbesprechung. Es handelt sich um einen formalisierten, professionellen Beratungsprozess, der systematisch und zielgerichtet auf die Reflexion und Verbesserung des beruflichen Handelns ausgerichtet ist. In der Regel wird dieser Prozess von einer externen, speziell dafür qualifizierten Supervisorin oder einem Supervisor angeleitet. Der Fokus liegt auf der gemeinsamen Analyse von Arbeitsprozessen, beruflichen Rollen, Beziehungen zu Klientinnen und Klienten sowie Kolleginnen und Kollegen, und den strukturellen Rahmenbedingungen im beruflichen Kontext.

Im spezifischen Kontext der Ergotherapie konzentriert sich Supervision auf eine Reihe zentraler Themen, die für die tägliche Praxis relevant sind. Dazu gehören insbesondere:

  • Analyse komplexer Therapieverläufe und Klientenbeziehungen: Supervision bietet den Raum, schwierige oder stagnierende Therapien tiefgehend zu betrachten, Beziehungsdynamiken zu verstehen und alternative Handlungsstrategien zu entwickeln.
  • Umgang mit ethischen Dilemmata: Ergotherapeutische Arbeit konfrontiert Fachkräfte immer wieder mit ethischen Fragestellungen. Supervision unterstützt dabei, diese Dilemmata zu erkennen, zu reflektieren und fundierte, ethisch vertretbare Entscheidungen zu treffen.
  • Reflexion der eigenen therapeutischen Rolle und Haltung: Die Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle, den persönlichen Werten, Überzeugungen und möglichen „blinden Flecken“ ist entscheidend für professionelles Handeln. Supervision fördert diese Selbstreflexion.
  • Optimierung von Behandlungsstrategien: Durch die gemeinsame Reflexion können bestehende Behandlungsansätze überprüft, modifiziert und neue, kreative Lösungen für therapeutische Herausforderungen gefunden werden.
  • Bewältigung von Herausforderungen im Team oder mit dem Arbeitsumfeld: Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit, Kommunikationsprobleme im Team, Konflikte mit Vorgesetzten oder institutionelle Hürden können in der Supervision thematisiert und bearbeitet werden.

Es ist wichtig, Supervision klar von anderen Formaten abzugrenzen, um Missverständnisse zu vermeiden und die Erwartungen richtig zu justieren:

  • Supervision ist keine Psychotherapie: Obwohl emotionale Aspekte der Arbeit thematisiert werden, liegt der Fokus auf der Berufsrolle und dem professionellen Handeln, nicht primär auf der Bearbeitung tiefgreifender persönlicher Probleme oder psychischer Erkrankungen der Therapeutin oder des Therapeuten.
  • Supervision ist kein Coaching: Coaching ist oft stärker auf konkrete Leistungssteigerung, Zielerreichung und Performance-Optimierung ausgerichtet. Supervision hingegen legt einen größeren Schwerpunkt auf den Reflexionsprozess selbst, das Verstehen von Zusammenhängen und die Entwicklung von Handlungskompetenz aus der Tiefe heraus.
  • Supervision ist mehr als reine Fallbesprechung: Während Fallbesprechungen sich oft auf die Fakten und das weitere Vorgehen in einem konkreten Fall konzentrieren, geht Supervision tiefer. Sie bezieht die Emotionen der Therapeutin oder des Therapeuten, die Beziehungsdynamik, Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomene sowie institutionelle Einflüsse mit ein.
  • Supervision ist keine Fortbildung oder Mentoring: Supervision ist weniger instruktiv als eine Fortbildung und zielt nicht primär auf die Weitergabe von Fachwissen oder die Anleitung durch eine erfahrenere Person (Mentoring) ab. Vielmehr steht die Förderung der eigenständigen Reflexionsfähigkeit und Problemlösungskompetenz der Supervisandinnen und Supervisanden im Vordergrund.

Das übergeordnete Ziel von Supervision in der Ergotherapie ist somit klar definiert: die nachhaltige Sicherung und kontinuierliche Steigerung der beruflichen Qualität. Dies umfasst sowohl die Qualität der direkten therapeutischen Arbeit mit den Klientinnen und Klienten als auch die Qualität der Zusammenarbeit im Team und die Förderung der professionellen Kompetenz jeder einzelnen Mitarbeiterin und jedes einzelnen Mitarbeiters. Supervision ist damit ein wesentlicher Baustein für Exzellenz in der Ergotherapie.

Warum Supervision für Ergotherapie-Teams unverzichtbar ist

Die Implementierung regelmäßiger Supervision ist keine Luxusmaßnahme, sondern eine strategische Investition in die Kernbereiche jeder ergotherapeutischen Praxis oder Abteilung. Die positiven Auswirkungen sind vielfältig und tragen maßgeblich zur Zukunftsfähigkeit und Leistungsfähigkeit bei.

Steigerung der Behandlungs-Qualität:
Einer der zentralsten Vorteile von Supervision liegt in der direkten Verbesserung der therapeutischen Arbeit. Durch die strukturierte Reflexion einzelner Fälle oder allgemeiner therapeutischer Herausforderungen gewinnen Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten ein tieferes Verständnis für die Situation ihrer Klientinnen und Klienten. Alternative Perspektiven werden eröffnet, unbewusste Dynamiken aufgedeckt und festgefahrene Denkmuster durchbrochen. Dies führt zu fundierteren klinischen Entscheidungen, präziseren diagnostischen Überlegungen und letztlich zu effektiveren und individuell passgenaueren Behandlungsansätzen in der Ergotherapie. Die Qualität der Patientenversorgung steigt nachweislich.

Förderung der Team-Kommunikation und Zusammenarbeit:
Ein funktionierendes Team ist das Rückgrat jeder erfolgreichen ergotherapeutischen Einrichtung. Supervision, insbesondere in Form von Teamsupervision, bietet einen geschützten und moderierten Rahmen, um Kommunikationsmuster, wiederkehrende Konflikte, unklare Rollenverteilungen oder unterschwellige Spannungen offen anzusprechen und konstruktiv zu bearbeiten. Durch die gemeinsame Reflexion über die Zusammenarbeit können Missverständnisse geklärt, Vertrauen aufgebaut und effektivere Kooperationsformen entwickelt werden. Dies fördert ein offeneres, wertschätzendes und unterstützenderes Arbeitsklima und verbessert nicht nur die interne Zusammenarbeit, sondern auch die interdisziplinäre Kooperation mit anderen Berufsgruppen.

Umgang mit Belastungen & Burnout-Prävention:
Die Arbeit in der Ergotherapie ist sinnstiftend, kann aber auch emotional sehr fordernd sein. Die Konfrontation mit Leid, komplexen sozialen Situationen, schwierigen Krankheitsverläufen oder auch Frustrationen über ausbleibende Therapieerfolge kann zu erheblichem Stress und emotionaler Erschöpfung führen. Supervision bietet einen sicheren Ort, um diese belastenden Erlebnisse zu verarbeiten, Stressfaktoren im Arbeitsalltag zu identifizieren und individuelle sowie kollektive Bewältigungsstrategien (Coping-Mechanismen) zu entwickeln. Sie dient somit maßgeblich der Psychohygiene der Mitarbeitenden, stärkt ihre Resilienz und leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur Prävention von Burnout im Team.

Entwicklung professioneller Kompetenzen:
Supervision ist ein Motor für lebenslanges Lernen und professionelles Wachstum. Sie unterstützt Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten dabei, ihre professionelle Identität weiter zu entwickeln und zu schärfen. Durch die Reflexion der eigenen Rolle, der therapeutischen Haltung und der Interaktion mit Klientinnen und Klienten wird Rollenklarheit gewonnen. Ethische Kompetenzen werden vertieft, indem Dilemmata diskutiert und reflektiert werden. Supervision fördert zudem kritisches Denken, die Fähigkeit zur Selbstreflexion und die Bereitschaft, das eigene Handeln kontinuierlich zu hinterfragen und anzupassen – Schlüsselkompetenzen für eine hochwertige Ergotherapie. Sie stärkt die Lernkultur im gesamten Team.

Beitrag zum Qualitätsmanagement:
Regelmäßig stattfindende Supervision kann und sollte als fester Bestandteil des internen Qualitätsmanagementsystems etabliert werden. Sie ist ein klares Zeichen dafür, dass eine Einrichtung Wert auf hohe professionelle Standards, kontinuierliche Verbesserung und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden legt. Dies kann nicht nur die interne Qualität sichern, sondern auch nach außen, beispielsweise bei Zertifizierungsverfahren oder gegenüber Kostenträgern und Klientinnen und Klienten, ein wichtiges Signal für Professionalität und Engagement sein. Supervision wird so zu einem sichtbaren Element gelebter Qualitätskultur.

Formen der Supervision im ergotherapeutischen Setting

Supervision ist kein monolithisches Konzept, sondern kann in verschiedenen Formen durchgeführt werden, die je nach Zielsetzung, Bedarf und Kontext des ErgotherapieTeams oder der einzelnen Fachkraft gewählt werden können. Die gängigsten Formen sind Einzel-, Gruppen- und Teamsupervision.

Einzel-Supervision:
Beim Setting der Einzel-Supervision arbeitet eine einzelne Ergotherapeutin oder ein einzelner Ergotherapeut intensiv mit einer Supervisorin oder einem Supervisor zusammen. Der Fokus liegt hier ganz auf den individuellen Anliegen der Supervisandin oder des Supervisanden. Dies können spezifische, komplexe Fallarbeiten sein, die Klärung der eigenen beruflichen Rolle, die Bearbeitung persönlicher Herausforderungen im Arbeitskontext oder die gezielte Weiterentwicklung spezifischer therapeutischer Kompetenzen in der Ergotherapie. Der große Vorteil liegt in der hohen Vertraulichkeit und der Möglichkeit, sehr persönliche Themen tiefgehend zu bearbeiten. Ein potenzieller Nachteil ist, dass die Dynamiken und Prozesse des eigenen Teams nur indirekt, aus der subjektiven Perspektive der oder des Einzelnen, thematisiert werden können.

Gruppen-Supervision:
In der Gruppen-Supervision kommen mehrere Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten zusammen, um unter Anleitung einer Supervisorin oder eines Supervisors gemeinsam an ihren beruflichen Themen zu arbeiten. Die Teilnehmenden können aus derselben Institution stammen, aber auch aus unterschiedlichen Bereichen oder Praxen kommen. Der Fokus liegt oft auf gemeinsamen beruflichen Fragestellungen, dem Lernen von den Erfahrungen und Perspektiven der anderen Gruppenmitglieder und der Nutzung der Vielfalt der Gruppe als Ressource. Vorteile sind der breitere Input durch unterschiedliche Sichtweisen und die Möglichkeit der Kostenteilung. Ein Nachteil kann sein, dass weniger Zeit für die intensiven Anliegen Einzelner zur Verfügung steht und spezifische Team-Themen einer bestimmten Einrichtung möglicherweise nicht ausreichend Raum finden, wenn die Gruppe heterogen zusammengesetzt ist.

Team-Supervision:
Die TeamSupervision ist speziell darauf ausgerichtet, die Zusammenarbeit und Funktionsweise eines bestehenden ErgotherapieTeams (z.B. einer Abteilung, einer Praxis) zu verbessern. Hier nimmt das gesamte Team gemeinsam mit einer Supervisorin oder einem Supervisor teil. Der Fokus liegt klar auf den Interaktionen innerhalb des Teams, der gemeinsamen Fallarbeit zur Verbesserung der Abstimmung, der Klärung von Rollen, Verantwortlichkeiten und Arbeitsabläufen sowie der Bearbeitung von Konflikten und Kommunikationsschwierigkeiten. Der entscheidende Vorteil ist die direkte positive Auswirkung auf die Team-Funktion und die Möglichkeit, gemeinsam Lösungen für Team-spezifische Herausforderungen zu erarbeiten. Voraussetzung für eine erfolgreiche TeamSupervision ist jedoch ein hohes Maß an Vertrauen, Offenheit und die Bereitschaft aller Teammitglieder, sich auf den Prozess einzulassen.

Fall- vs. Team-fokussierte Supervision:
Innerhalb dieser Formate kann der Schwerpunkt unterschiedlich gesetzt werden. Bei der Fallsupervision steht die detaillierte Analyse und Reflexion der Arbeit mit spezifischen Klientinnen oder Klienten im Vordergrund. Es geht darum, das Fallverständnis zu vertiefen und die Behandlungsstrategien zu optimieren. Bei der Teamsupervision liegt der Schwerpunkt hingegen stärker auf den Beziehungen, Strukturen, Kommunikationsmustern und Prozessen innerhalb des Teams. Oftmals gibt es jedoch Mischformen, bei denen sowohl Fallarbeit als auch Teamthemen bearbeitet werden. Die Wahl der Fokussierung hängt maßgeblich von den aktuellen Bedürfnissen und den gemeinsam definierten Zielen des ErgotherapieTeams ab.

Intervision als Ergänzung oder Alternative zur Supervision

Neben der extern angeleiteten Supervision gibt es eine weitere wertvolle Form der professionellen Reflexion: die Intervision. Sie stellt eine interessante Ergänzung oder unter bestimmten Umständen auch eine Alternative dar, insbesondere zur Stärkung der internen Reflexionskultur.

Definition Intervision:
Intervision bezeichnet die kollegiale Beratung unter beruflich Gleichgestellten innerhalb eines Teams oder einer Berufsgruppe. Der entscheidende Unterschied zur Supervision: Intervision findet ohne die Anleitung durch eine externe Supervisorin oder einen externen Supervisor statt. Die Gruppe organisiert und moderiert den Reflexionsprozess selbst, meist nach einer vorher vereinbarten, festen Struktur oder Methode (z.B. Balint-Gruppen-Methode, Sechs-Hüte-Denken nach de Bono, strukturierte Fallberatung).

Unterschiede und Gemeinsamkeiten zur Supervision:
Die wesentlichen Unterschiede zur Supervision liegen in der fehlenden externen, professionellen Leitung und der damit verbundenen (idealerweise) Hierarchie-Freiheit innerhalb der Gruppe. Intervision ist oft kostengünstiger, da keine externen Honorare anfallen. Der Fokus liegt stark auf dem kollegialen Austausch von Erfahrungen und Perspektiven auf Augenhöhe.
Trotz dieser Unterschiede gibt es wichtige Gemeinsamkeiten: Beide Formate verfolgen das Ziel der systematischen Reflexion des beruflichen Handelns. Beide tragen zur Verbesserung der Arbeitspraxis und zur Sicherung der Qualität bei. Beide bieten einen Rahmen für gegenseitige Unterstützung und Entlastung. Beide fördern die professionelle Entwicklung der Teilnehmenden und des Teams.

Potenzial für das Ergotherapie-Team:
Intervision birgt erhebliches Potenzial für ErgotherapieTeams. Sie kann die Reflexionskultur im Arbeitsalltag nachhaltig stärken, da sie oft niedrigschwellig und flexibel organisiert werden kann. Regelmäßige Intervision fördert die Eigenverantwortung der Teammitglieder für ihre professionelle Entwicklung und stärkt ihre gemeinsame Problemlösungskompetenz. Sie kann eine hervorragende Ergänzung zur Supervision sein, um Themen aus der Supervision weiter zu bearbeiten, neu aufkommende Fragen zeitnah zu klären oder die Reflexionsfähigkeit des Teams kontinuierlich zu trainieren und somit die Qualität der Arbeit fortlaufend zu sichern.

Synergieeffekte:
Supervision und Intervision schließen sich keineswegs aus, sondern können sich ideal ergänzen. Eine externe Supervision kann beispielsweise genutzt werden, um grundlegende Strukturen und Methoden für eine effektive Intervision im Team zu etablieren und einzuüben. Sie kann auch dann hinzugezogen werden, wenn komplexe Team-Konflikte, tiefgreifende institutionelle Probleme oder ethische Dilemmata auftreten, bei denen die kollegiale Beratung der Intervision an ihre Grenzen stößt und eine externe, neutrale Perspektive und professionelle Prozesssteuerung erforderlich ist. Die Kombination beider Formate kann die Reflexionskompetenz und die Qualität im ErgotherapieTeam maximieren.

Implementierung im Ergotherapie-Team: Praktische Schritte

Die Entscheidung für Supervision oder Intervision ist der erste Schritt. Die erfolgreiche und nachhaltige Implementierung erfordert jedoch eine sorgfältige Planung und die Berücksichtigung einiger wichtiger Aspekte. Die folgenden Schritte können dabei helfen, Reflexionsprozesse fest im Arbeitsalltag des ErgotherapieTeams zu verankern:

Schritt 1: Bedarfsanalyse und Zielklärung im Team:
Bevor man startet, sollte im Team eine offene Diskussion darüber stattfinden, wo aktuell die größten Herausforderungen liegen und welche konkreten Ziele mit der Einführung von Supervision oder Intervision verfolgt werden sollen. Geht es primär darum, das Verständnis komplexer Fälle zu vertiefen? Sollen wiederkehrende Konflikte im Team bearbeitet werden? Steht die Verbesserung des Umgangs mit Stress und Belastung im Vordergrund? Oder soll die allgemeine Behandlungs-Qualität gesteigert werden? Nur wenn die Ziele klar definiert sind, kann das passende Format ausgewählt, der Fokus geschärft und der spätere Erfolg bewertet werden. Diese Zielklärung sollte ein gemeinsamer Prozess des gesamten Teams sein.

Schritt 2: Format und Supervisorin/Supervisor bzw. Struktur wählen:
Basierend auf den definierten Zielen und den Bedürfnissen des Teams muss entschieden werden, welches Format am besten passt: Einzel-, Gruppen- oder TeamSupervision? Oder soll zunächst mit Intervision gestartet werden? Ist vielleicht eine Kombination sinnvoll?
Fällt die Wahl auf Supervision, ist die Auswahl einer geeigneten Supervisorin oder eines Supervisors entscheidend. Wichtige Kriterien sind hierbei die formale Qualifikation (anerkannte Ausbildung), nachgewiesene Erfahrung, idealerweise im Bereich Ergotherapie oder zumindest im Gesundheits- und Sozialwesen, sowie die persönliche Passung zum Team – die „Chemie“ muss stimmen. Es empfiehlt sich, Vorgespräche mit mehreren potenziellen Supervisorinnen oder Supervisoren zu führen.
Entscheidet sich das Team für Intervision, muss eine klare Struktur für die Treffen vereinbart werden. Dazu gehören der Ablauf der Sitzungen, die Verteilung von Rollen (z.B. Moderation, Zeitwächter, Protokoll), die anzuwendende Methode der kollegialen Beratung und die Frequenz der Treffen.

Schritt 3: Rahmenbedingungen festlegen:
Klare organisatorische Rahmenbedingungen sind essenziell für das Gelingen. Folgende Punkte müssen geklärt und verbindlich vereinbart werden:

  • Frequenz: Wie oft sollen die Sitzungen stattfinden (z.B. alle 4, 6 oder 8 Wochen)?
  • Dauer: Wie lange dauert eine Sitzung (üblich sind 90 bis 120 Minuten)?
  • Ort: Findet die Supervision/Intervision in den eigenen Räumlichkeiten statt oder extern? Ein externer Ort kann helfen, Distanz zum Arbeitsalltag zu gewinnen.
  • Kosten: Wer trägt die Kosten für die Supervision (Arbeitgeber, Teilnehmende, Mischfinanzierung)? Bei Intervision fallen in der Regel keine direkten Kosten an, aber der zeitliche Aufwand muss berücksichtigt werden.
  • Vertraulichkeit: Dies ist ein absolut kritischer Punkt. Es müssen klare Regeln zur Vertraulichkeit vereinbart werden. Alles, was in der Supervision oder Intervision besprochen wird, muss innerhalb dieses geschützten Raumes bleiben. Nur so kann eine Atmosphäre der Offenheit und des Vertrauens entstehen.
  • Verbindlichkeit: Die Teilnahme sollte als verbindlich betrachtet werden, um Kontinuität und Engagement sicherzustellen.

Schritt 4: Verankerung im Arbeitsalltag und Qualitätsmanagement:
Damit Supervision oder Intervision ihre volle Wirkung entfalten können, dürfen sie nicht als isolierte Maßnahmen betrachtet werden. Sie sollten als fester und selbstverständlicher Bestandteil der Arbeitszeit und der kontinuierlichen professionellen Entwicklung etabliert werden. Die Unterstützung durch die Leitungsebene ist hierbei unerlässlich – sie muss die Bedeutung dieser Reflexionsformate anerkennen und die notwendigen Ressourcen (Zeit, ggf. Geld) bereitstellen. Um den Nutzen sichtbar zu machen und die Prozesse kontinuierlich zu verbessern, können die Ergebnisse und der Prozess selbst (in anonymisierter Form) im Rahmen des internen Qualitätsmanagements dokumentiert und regelmäßig evaluiert werden. Dies unterstreicht den Beitrag von Supervision und Intervision zur Sicherung und Steigerung der Qualität in der Ergotherapie.

Fazit: Investition in Qualität, Teamgeist und Zukunftsfähigkeit der Ergotherapie

Die Auseinandersetzung mit den vielfältigen Aspekten der Supervision und Intervision macht deutlich: Diese Instrumente der professionellen Reflexion sind keine optionalen Zusatzleistungen oder „nette Extras“. Sie stellen vielmehr eine strategisch kluge und wertvolle Investition dar – eine Investition in die fachliche Qualität der Ergotherapie, in die psychische Gesundheit und Resilienz der Mitarbeitenden sowie in die Leistungsfähigkeit und den Zusammenhalt des gesamten Teams. Sie sind entscheidend für eine moderne, lernende und sich stetig verbessernde ergotherapeutische Praxis.

Dieser Beitrag soll daher eine Ermutigung für alle ErgotherapieTeams sein, etablierte oder neue Reflexionsprozesse aktiv zu gestalten und zu nutzen. Sehen Sie Supervision und Intervision als Chance – eine Chance für kontinuierliche Verbesserung, für die Vertiefung des fachlichen Verständnisses, für die Stärkung der Zusammenarbeit und für persönliches und professionelles Wachstum jedes Einzelnen.

Langfristig tragen fest etablierte und gut funktionierende Reflexionsformate wie Supervision und Intervision maßgeblich zu einer höheren Behandlungsqualität bei, was direkt den Klientinnen und Klienten zugutekommt. Gleichzeitig fördern sie eine größere Zufriedenheit und Bindung im Team, reduzieren Belastungen und tragen so zu einer nachhaltig starken, gesunden und qualitativ hochwertigen Ergotherapie-Praxis oder -Abteilung bei. Es ist eine Investition, die sich auf allen Ebenen auszahlt.

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